Die Svanthanam Schule in Odisha ist eröffnet
- Theresia

- 17. Aug. 2023
- 4 Min. Lesezeit
Die Svanthanam Schule in Odisha ist eröffnet
(hinterlegte Texte / attached texts)

Wir freuten uns mit Johnson und Atal, die so viel Zeit und Herzblut in das Projekt einer Svanthanam Schule gesteckt haben, dass diese nun endlich am 19.6.2023 eröffnet werden konnte. Beide hatten mit grossem Engagement auf diesen Tag hingearbeitet, die Zuständigen vor Ort einbezogen und offizielle Genehmigungen eingeholt, um einen Teil der ca. 2012 erstellten, aber viele Jahre ungenutzten Gebäude zu renovieren.

Johnson beschreibt in seinem Report (english text), welche Herausforderungen es gab, bis das Schulprojekt realisiert werden konnte und seinen Besuch vor Ort.
Die erste Frage der Mütter bei der Eröffnung war, ob es auch Essen für die Kinder geben werde. Das ist in anderen indischen Schulen üblich, wo die Kinder teilweise einen weiten Schulweg haben. Hier im Dorf wird der Unterricht aber am frühen Nachmittag beendet und die Kinder wieder zu Hause sein. Für die Zubereitung eines kompletten Mittagessens fehlt derzeit auch die Infrastruktur.

Also ging es am Eröffnungstag auch zuerst um Bewusstseinsbildung. In einer Gemeinschaft, die von der Hand in den Mund lebt, geht es in einem ersten Schritt darum, die Dorfbevölkerung für den Wert von Bildung zu sensibilisieren.
In seinem Buch «Leben ohne Armut» beschreibt Martin Kämpchen, der seit über 50 Jahren in Indien lebt, im Artikel «Analphabetismus und Schulbildung» (deutscher Text) eindrücklich die Sichtweise von Mio Menschen in Indien, die nach wie vor keinen Zugang zum Bildungssystem und damit die Chance auf zufriedenstellende Lebensbedingungen haben.
Nach den Begrüssungsreden am Eröffnungstag erhielt jedes Kind zwei Schuluniformen, Schuhe und eine Schultasche. Später gab es Snacks für alle und die Kinder tanzten auf der Terrasse.
Das abgelegene Dorf umfasst ca. 50 Familien (Hindu und Christen), fast alle ohne Schulbildung und in sehr einfachen bäuerlichen Strukturen lebend. Der nächste grössere Ort liegt 10 km entfernt und ist nur über Naturstrassen erreichbar, die nächste grössere Stadt ist 60 km entfernt.
Für dieses Schuljahr wurden 14 Kinder zum Unterricht angemeldet.

In einer WhatsApp Nachricht, die uns Atal Ende Juli 2023 schickte, berichtet er davon, dass nun immer mehr Eltern vorbeikämen und ihre Kinder auch gerne für den Unterricht anmelden würden. Er müsse sie aber aufs nächstes Schuljahr vertrösten.
Johnson erstellte einen Vergleich (english text) vom unterschiedlichen Unterrichtsstil der staatlichen Schulen und der Svanthanam Schule.
Er möchte nicht das staatliche indische Schulsystem kopieren, deren Lehrer oft über die Köpfe der Schüler hinweg unterrichten und wo vor allem repetitives Lernen und Strafen an der Tagesordnung sind – ein Grund, weshalb Kinder und Eltern Schule vielfach nicht als hilfreich erleben und irgendwann keine Lehrer mehr in die, oft in sich geschlossenen, Dorfgemeinschaften kommen. Wer es sich leisten kann, schickt sein Kind in Indien in eine Privatschule. In den Dörfern bleiben die Kinder ohnehin eher zu Hause, um in der Landwirtschaft zu helfen.
Es ist Johnsons und Atals Anliegen, dass das Lernen in der Svanthanam Schule Spass machen soll und auch Spiel und Sport nicht zu kurz kommen. Motivierte Lehrer, die Schüler und Eltern wertschätzen und einbeziehen, sind ein ideales Fundament fürs Lernen und eine wichtige Voraussetzung, dass die Dorfschule von den Bewohnern als “ihre” Schule und als Bereicherung wahrgenommen wird.
Unsere Lehrperson, der 25 jährige Purna, ist einer der wenigen Einwohner unseres Dorfes, der den mühsamen Weg zur Schule in der nächsten Stadt (zu Fuss / mit Bus) bis zur 12. Klasse auf sich genommen hatte. Er spricht auch die Stammessprache, was bei staatlichen Lehrern meist nicht der Fall ist.

Purna konnte sich nach der 12. Klasse keine weitere Ausbildung leisten und kehrte zurück ins Dorf, um zu heiraten und Landwirtschaft zu betreiben. Er zeigte sich sehr erfreut über die Anfrage, als Lehrer für die ersten Schuljahre zu wirken – hatte er doch schon ein privates Schulangebot im Ort starten wollen, aber die geforderten 500 INR (5.30 Fr pro Monat/Kind) konnte niemand bezahlen.
Eine Frau aus dem Dorf wird, wie in Schulen üblich, für die Hygiene der kleinen Kinder sorgen (es gibt kein fliessendes Wasser) und Hintergrundarbeiten übernehmen.
Mit den Erfahrungen Johnsons als Schulleiter in Nordindien und Atals Erfahrung im Nachhilfeunterricht für Adivasikinder in seiner Stadt, haben wir die besten Voraussetzungen, dass dieses Projekt gelingen könnte.
Atal wird neben administrativen Arbeiten auch das Fach Mathematik vermitteln und seine Frau Englisch. Die Kinder lernen, wie in Indien üblich und recht anspruchsvoll, neben ihrer eigenen Sprache immer noch 2–3 andere Sprachen und Schriftbilder – in Odisha sind dies Oriya, Hindi und Englisch).
Seine Reise- und Arbeitsbedingungen für die Vorbereitungen dieses Schulprojektes beschrieb Johnson als die härtesten, die er bisher erlebt habe – die je 2 tägige Hin- und Rückreise im Zug, in Odisha tagsüber Temperaturen von über 40 Grad, die mehrmalige Anreise ins Dorf als Beifahrer auf Atals Motorrad über eine Distanz von 60 km und am Eröffnungsmorgen das Ausharren bei stundenlangem Regen, ohne passende Regenkleidung.
Offensichtlich hält Johnson aber nichts davon ab, seine Vision, irgendwann selber wieder nach Nordindien zu ziehen und dort als Lehrer tätig zu sein, umzusetzen. Derzeit ist er auf Wohnungs- und Jobsuche in Odisha, in erreichbarer Nähe dieses Schulprojektes, und plant, im Herbst 2023 definitiv Südindien zu verlassen.
Die Betreuung aller bisher unterstützten Familien in Südindien wird bis Ende des Schuljahres, d.h. bis März 2024 fortgesetzt. Dann werden wir entscheiden, für welche Familien es Übergangslösungen bzw. weitere Hilfe braucht.
Im Dezember 2023 wird ein letztes, von Johnson geleitetes Svanthanam-Treffen in Südindien stattfinden.
Um den Schulunterricht in Odisha 2024 möglichweise auszubauen, benötigen wir noch zusätzliche Spendengelder.
Herzlichen Dank an alle Unterstützer.
Theresia Imgrüth / August 2023



